Star Trek: Der Weltraum und der Analogie-Käse
Der Weltraum und der Analogie-Käse
Unter einem meiner Star-Trek-Artikel vor einigen Monaten gab es einen Kommentar, der sinngemäß bemängelte, dass dieses Herumrühren in Science-Fiction-Unterhaltung nichts bringe und man sich doch lieber mit der ausreichend schwierigen und noch dazu realen Gegenwart befassen möge, da gäbe es schließlich genug zu tun. Well. Ich ziehe es vor, diesen gut gemeinten Rat zu ignorieren und möchte hier (hoffentlich unterhaltsam) erklären, warum.
Wer regelmäßig meine Star-Trek-Posts liest, weiß mittlerweile, dass ich nicht einfach mit Fan-Wissen prolle, das ich streng genommen nicht einmal habe. Ich kenne nicht jede Vita jeder Person und kann auch nicht alle Folgen mitsprechen (naja, ein paar schon 😉). Es ist etwas anderes: Mich hat schon als Kind dieser Entwurf einer Gesellschaft fasziniert, wie sie vielleicht sein könnte und mittlerweile habe ich Fachwissen und Vokabular, die Brücke zwischen dem Heute und diesem möglichen Morgen in Text zu gießen. So viel zu meiner persönlichen Motivation.
Ein ganz handfester Grund, sich mit dieser Gesellschaft in der Zukunft zu befassen, ist, dass sie einige Schwierigkeiten gemeistert hat, die wir noch nicht gelöst haben: Hunger und interne Kriege sind weitgehend besiegt, die medizinische Versorgung ist für jeden verfügbar, eine Knappheit an Ressourcen scheint es allenthalben nicht zu geben. Das Beispiel dieser Gesellschaft gibt uns die Möglichkeit, über die Lösung von Problemen nachdenken, ohne den Ergebnisraum von vornherein zu begrenzen, weil "geht nicht" oder "ham wer nicht" oder "wer soll denn das bezahlen"? Klar, höre ich da schon einige sagen, in so einer Welt lässt sich leicht herumspinnen, alles Zukunftsmusik, so funktioniert die Welt halt nun mal nicht…
Tut sie nicht? Hold my beer… ehm… Jestral Tea!
Elon Musik ist das Gegenbeispiel. Wir beobachten mit einer Mischung aus Unglauben, Erstaunen und Verachtung, wie er sich so durch unsere ansonsten durch Ressourcenbegrenzung gekennzeichnete Welt holpert. Wo seine Aktivitäten hinführen werden, wissen wir auch noch nicht genau und ob er nicht am Ende doch an knappen Ressourcen scheitern wird, ist keineswegs ausgemacht. Außerdem gibt es Beispiele von Unternehmern, die ähnlich begonnen haben und krachend gescheitert sind (Elizabeth Holmes, Theranos, die aber hauptsächlich an sich selbst gescheitert ist).
Dennoch (oder gerade deswegen) lohnt es sich meiner Meinung nach, hinzuschauen und eine wünschenswerte Errungenschaft zu analysieren und die Frage zu stellen, wie man dorthin kommen könnte - was man an Wissen/Ressourcen bräuchte, um z. B. eine bestimmte Technologie Realität werden zu lassen. So können wir die Gedanken ordnen, die Ressourcen beschreiben, Analogien benutzen, um dem Ziel näher zu kommen.
Beispiel gefällig? Hier bitte!
Vor/in vielen Jahren hatte Captain Janeway (wohooo, weiblicher Captain – ganz ohne Frauenquote?) mit dem Problem zu tun, dass ihr jemand den holografischen Doktor von Bord ihrer Voyager gemopst und auf dem Schwarzmarkt eines ramschigen Planeten verscherbelt hat (Staffel 7, Folge 5). Dort sollte er in einem Krankenhaus arbeiten. Der Doktor, der streng genommen einfach nur ein Computerprogramm ist (KI meets Hologramm-Technik) tut dort seinen Dienst, wo sein mobiler Emitter ist, der ihn als Hologramm im Raum darstellt – von daher hat, wer den Emitter hat, auch den Arzt. Im Jahr 2000, in dem dieser Folge ausgestrahlt wurde, völlig verrückt. Die digitalen Klemmbretter, mit denen in der Folge die Ärzte herumliefen, waren genauso verrückt (T minus 7 zum ersten iPhone, T minus 10 zum iPad!).
Nun spinnen wir also los: Hätten wir diesen tollen Emitter, könnten auch wir die medizinische Versorgung der Menschen verbessern. Wir bräuchten ganz spezifisch formuliert ein Dingsbums (so würde Dilberts Chef das formulieren), das das Fachwissen eines guten Arztes an jeden Ort der Welt bringen kann, damit möglichst jeder Kranke davon profitieren kann, ohne dass er (der vielleicht schwer krank ist – deswegen braucht er den Arzt ja!) mühsam zum Arzt reisen muss, wie wir das viele Jahrhunderte gemacht haben und es auch heute noch tun. Diesen methodischen Kniff könnte man als Analogieschließung betrachten, die Analogie an sich eine Strukturabbildung, die bestimmte Eigenschaften eines Gegenstands oder einer Situation transferiert, andere Eigenschaften jedoch außen vor lässt.
Und eigentlich sind wir fast schon da: Mit Telemedizin, wie sie z. B. in Schweden schon sehr viel ausgeprägter praktiziert wird, mit der herumprobiert wird und Erfahrungen gesammelt werden. Wir können das noch weitertreiben: Die Kombination aus 5G (Trump: 6G) mit z. B. einem Da-Vinci-Operationssystem ermöglicht vielleicht schon bald vielen Menschen, dass der Spezialist in Canberra sitzt und einen Kranken am anderen Ende der Welt operiert (die 5G-Debatte möge bitte an anderer Stelle geführt werden).
Mein Fazit: Wir sind mittendrin, uns in Richtung dieser Welt zu bewegen, die vor 30 Jahren so futuristisch und verrückt daherkam, dass man es natürlich nicht ernst nehmen konnte. Solange es nicht um das Aushebeln von nackten Naturgesetzen geht, können wir uns diese schöne, entwickelte, oft gerechte, faire, für alle sorgende Welt als Motivation ruhig genauer anschauen und uns inspirieren und motivieren lassen.
Ich möchte Antoine de St. Exupéry das letzte Wort lassen, der das Befassen mit vielleicht weit entfernten Visionen als entfachend und anfeuernd beschrieben hat:
"Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer."
Live long and prosper!
Gudrun